Mobile Marketing neu gedacht

Chancen für eine längst überfällige Reform von Marketingpraktiken

Wer kein aktuelles Verständnis für Mobile Marketing hat und versucht, Mobile als Kanal zu sehen oder digitales Marketing noch wie in den 2010ern zu betreiben, versteht die Erlebniswelt von Kund:innen nicht. Dieses Fachbuch zeigt, warum Mobile der Schlüssel zu einem neuen Beziehungsverständnis zwischen Unternehmen und ihren Stakeholdern werden kann.

Spätestens Februar 2026 verfügbar als Hardcover (ISBN 978-3-658-48347-0) oder als eBook (ISBN 978-3-658-48348-7).

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Buchcover des Marketing-Fachbuches "Mobile Marketing neu gedacht" von Nils-C. Huber; © Springer Gabler 2025
Buchcover © Springer, 2025

Über das Buch

Was zeichnet zeitgemäßes und nachhaltiges Marketing aus?

John Wanamaker (1838–1922) stellte sich bereits vor mehr als 100 Jahren die Frage, welche Hälfte des Geldes, das man in Werbung investiere, nun eigentlich verschwendet sei (Ogilvy, 2013). Viele Marketers glauben heute, dass sie mit den verschiedenen Formen des digitalen bzw. ‚data-based‘ Marketings, darunter Programmatic Advertising bereits das Ende der Fahnenstange ihrer Möglichkeiten erreicht haben, um Wanamakers Problem endlich zu lösen. Und dabei merken sie nicht einmal, dass selbst metaphorisch das Ende der Fahnenstange nichts anderes symbolisiert als eine Sackgasse. Sie merken ebenfalls nicht, dass sie – in Budgetverantwortung stehend – möglicherweise selbst „Marketingopfer“ von Google, Meta und der AdTech-Industrie geworden sind. Der scheinbaren Messbarkeit vom Erfolg im Online-Marketing zum Trotz, schaffen Klicks und Likes aber weder stabile Beziehungen, noch gute Produkte und Dienstleistungen. Sie sind streng genommen auch keine Antwort auf Wanamakers Frage.

Heute hat nur noch eine Minderheit der Marketers die Verantwortung für das, was Marketing einmal war: Märkte verstehen und aussuchen, Produkte und Dienstleistungen marktfähig gestalten, Preise und Vertriebswege definieren und, ja, dann auch Kommunikation und Vertriebsförderung zu betreiben. Dazu in Kap. 2:
Lediglich 23% der untersuchten CMO-Jobdesigns hatten […] eine mit Ergebnisverantwortung unterlegte, unternehmensweite Rolle, weniger als ein Drittel hatten eine auf funktional-strategische Ebene reduzierte, d. h. eine auf Innovations- und Wachstumsstrategie beschränkte Rolle, aber fast die Hälfte der untersuchten Job-Designs fokussierten bloß auf Vermarktung und Förderung des Absatzes durch Marketing-Kommunikation, vor allem Werbung, digitale Inhalte und soziale Medien„. Liegt es möglicherweise am Vertrauensverlust gegenüber CMOs, den all zu viel „Fake it until you make it“, Hero-Attitüden und die fehlende Übernahme von wirtschaftlicher Gesamtverantwortung nach sich gezogen haben, dass CEOs, CFOs und Aufsichtsräte skeptisch geblieben sind?

Abgesehen davon, dass das so genannte „Data-based Marketing“ auch mitte der 2020er Jahre immer noch den in den 2000er und 2010er Jahren entwickelten Extraktionslogiken des Web 2.0 folgt, statt moderne, wirkungsvollere und ganzheitliche Ansätze zur Datenmonetarisierung zu wählen, erfolgt durch die heutigen Marketingbudgets von innen heraus eine indirekte Mitfinanzierung politischer Desinformationskampagnen, hybrider Kriegsführungsformen und der Destabilisierung freiheitlich-demokratischer Gesellschaftsordnungen. Die bereits sichtbaren Ergebnisse der gesellschaftlichen Veränderungen strafen die Post-Privacy-Bewegung Lügen. Vom „Überwachungskapitalismus“, wie die emeritierte Harvard Business School Professorin, Shoshana Zuboff, das hinter dem Data-based Marketing stehende System nennt, profitieren nur sehr wenige. Und weder Marketers noch Konsument:innen, geschweige denn ‚die Gesellschaft‘ zählen zu den Profiteuren.

In Kapitel 4 führe ich es tiefer aus, aber hier schon einmal eine Quintessenz: Ein bisschen „Brand-Marketing“ hier, ein paar „Greening- und Sustainability-Claims“ da,… das reicht heute und in Zukunft nicht mehr, um Marketingpraktiken als nachhaltig zu bezeichnen. Begriffe wie Stakeholder Salience, Corporate Social Responsibility und Corporate Digital Responsibility müssen nicht nur auf dem „Management Fad Menü“ stehen, sondern substanziell begriffen, ernstgenommen und umgesetzt werden.

Was hilft dabei?

Revival des Relationship-Marketing: Die Rolle von essentiellen, symbiotischen Beziehungen und Reziprozität neu begreifen, diese über Transaktionen stellen und mit den heutigen technologischen Mitteln wirtschaftlich attraktiv umsetzen.

Design Thinking als Grundlage der Strategieentwicklung: Die Rolle menschlicher Wahrnehmung und Erfahrungen ernst nehmen und die Konsequenzen aus der dahinter liegenden Dynamik ziehen.

Mobile Marketing als Schlüssel: Das Verständnis von „Mobile“ als menschliches Verhalten im Umgang mit Information, Kommunikation, Interaktion und Unterhaltung jenseits von Technologien und Geräten begreifen und nutzen.

Warum ist Mobile der Schlüssel zu modernem Marketing?

Diejenigen, die „Mobile“ mit mobil übersetzen und damit implizieren, es ginge dabei lediglich um tragbare, digitale Geräte oder vielleicht einen Vertriebskanal, offenbaren damit, dass sie bisher noch nicht die geringste Vorstellung davon entwickelt haben, mit welch machtvollen Marketinginstrument sie es zu tun haben. Anders ist es, wenn man die Bedeutung dessen versteht, was Steve Jobs am 09.01.2007 während der MacWorld anlässlich der Vorstellung des ersten iPhones mit wenigen Worten antizipierte:

Your life in your pocket […]

In Kap. 1 führe ich detailliert in die heute vorherrschenden menschlichen Verhaltensdimensionen im Umgang mit Information, Kommunikation, Interaktion und Unterhaltung ein. Parallel zu dem durch das iPhone veränderten dominanten Design von Smartphones hat sich Steve Jobs Vorhersage auch hinsichtlich des Experience Managements und Verhaltens vollständig erfüllt – zumindest in der Nutzungserwartung von Kund:innen und Konsument:innen, aber immer noch viel zu wenig auf der Seite der Gestaltungsverantwortlichen. Trotzdem: Immer mehr Unternehmen nutzten die Möglichkeiten, das mit Mobile verbundene „immer und überall“ in das Produkt- und Dienstleistungsdesign sowie die in die Kontaktpflege und Informationsbereitstellung zu integrieren. Auf dem Weg dorthin gab es – nun, nennen wir es einmal – etliche „Missverständnisse“. Begriffe, die im praktischen Umgang das Attribut „Missverständnis“ erhalten sind beispielsweise Persona, Customer Journey oder Omni-Channel. Hier müssen auch Design-Thinker noch mehr reflektieren und ggf. umlernen. Darauf gehe ich in Kapitel 2 näher ein. Egal, ob wir die Perspektive einnehmen diese „Missverständnisse“ resultierten daraus, dass parallel zum Fokus auf Marketingkommunikation und Vertriebsförderung ein weitgehender Verlust der Verantwortungshoheit von Marketers über Produkt- und Experience-Design vorausging oder ob wir die Sicht auf die Dinge einnehmen, dass Produkt- und Dienstleistungsdesigner sich selbst zu wenig in der Rolle des Marketers sehen – das Ergebnis bleibt das gleiche: Gerade am „Ingenieurstandort Deutschland“ denken zu viele in den Kategorien „Features & Functions“ statt in den Dimensionen Moment- und Gesamterfahrung und der nach oben dynamischen Entwicklung der Erwartungshaltungen an Erfahrungswelten.

Was trägt nun Mobile zu besserem Marketing bei? Mobile wird zum Schlüssel für zeitgemäßes Marketing, wenn wir Mobile verhaltensbasiert definieren. Dann liefert uns Mobile die nicht-technologischen Treiber des Marketings,
1. Convenience, 2. Context und 3. Total Experience. Und diese Treiber haben transformatorische Wirkung auf Ihr gesamtes Unternehmen und nicht nur die Marketingabteilung – egal ob wir über ‚Omnichannel‘ (Kap. 2), ‚Apps‘ (Kap. 3), ‚Advertising‘ (Kap. 4) oder ‚Immersion‘ (Kap 5.) nachdenken.

Das Ergebnis finden wir dann in der Betrachtung des Reifegrades unseres Umgangs mit dem Mobile Marketing Mix und unserer Marketingziele. Hier müssen sich Marketers und auch die Hochschullehre endlich ehrlich machen, wie Push- und Pull-Marketing tatsächlich aufzuteilen wären. Warum? Nur weil ich beispielsweise ein Opt-in von Konsument:innen für E-Mail-Marketing einhole, wird im Nachgang aus dialog- und interaktionsfreiem Spammen mit ‚Ego-Botschaften‘ durch die Absender aus E-Mails noch lange kein Pull-Marketing. Und aus der automatisierten Ergänzung der Anrede mit dem Namen der Empfänger:innen ergibt sich noch lange keine Personalisierung. Wenn Sie für die Lektionen bereit sind, die Mobile Marketing für den Umgang mit Menschen anbietet, werden Sie auch neu über Design nachdenken: Wenn wir Design nicht bloß mit äußerlichen Kriterien bewerten, sondern als Gestaltungsintention hinter einem Gestaltungsergebnis, dann werden Sie schnell feststellen, dass man frei nach Paul Watzlawick „nicht nicht designen kann“.

Auch hier hilft uns Mobile – dieses Mal als Mittel der Transparenz, um die Intentionen der Gestaltenden gnadenlos offenzulegen. Schaut man in die heutige „Experience-Landschaft“ reichen die Intentionen von Faulheit und fahrlässiger Nachlässigkeit, über die Bedienung des Ego der Designer und den Wunsch nach ihrer Selbstverwirklichung bis hin zu echtem und ernst gemeinten Fokus auf die Betroffenen und Experience auf ‚Surprise and Delight‘ Level.